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Was sind ihrer Meinung nach Gründe rechtskonservativen Denkens?
Von Frank Fritzsche - 24.04.2010

Die Erforschung des Rechtsextremismus' ist ein komplexes Vorhaben, welches verschiedene akademische Disziplinen beschäftigt und weiterhin beschäftigen wird.

Für den Bereich der Ursachenforschung lassen sich Übereinstimmungen in verschiedenen Forschungsprojekten finden. Diese Übereinstimmungen wurden von Johann Bacher (Universität Erlangen-Nürnberg) in verschiedene theoretische Erklärungsebenen aufgeschlüsselt, welche die aufgelisteten Antwortkategorien der Umfrage teilweise widerspiegeln.

Zur Erinnerung hier kurz die abgegebenen Antworten:

Votingarchivseite, angelegt am: Samstag, 24. April 2010 um 12:03:55
Was sind ihrer Meinung nach Gründe rechtskonservativen Denkens?
schlechte wirtschaftliche Lage
(5 Stimmen = 8%)
Arbeitslosigkeit
(10 Stimmen = 15%)
Angst vor Fremden
(7 Stimmen = 11%)
Gruppendynamik durch Freundeskreis
(2 Stimmen = 3%)
Erhalt der deutschen Kultur
(11 Stimmen = 17%)
Protest gegen Regierungspolitik, Europapolitik
(1 Stimme = 2%)
familiäre Erziehung
(12 Stimmen = 18%)
andere Gründe
(17 Stimmen = 26%)
Abgegebene Gesamtstimmen: 65

Die modernisierungstheoretische Erklärung (Falter, Heitmeyer) behandelt die Modernisierung der Gesellschaft als Einfluss für rechtsextreme Einstellungen bzw. Handeln. Inhaltlich wird ein Kettenmodell vertreten, welches von einem häufigeren Auftreten von sozialen und ökonomischen Problemen auf ein Gefühl sozialer Benachteiligung (Zukunftsängste bei Kleinert/Krüger/Willems) auf politische Unzufriedenheit schließt. [Hinweis auf "Protest gegen Regierungspolitik, Europapolitik", "Erhalt der deutschen Kultur"]

Die kontrolltheoretische Erklärung (Hoffmann-Lange) betont die fehlende bzw. geringe soziale Kontrolle rechtsextremer Handlungen. Weiterhin können rechte Einstellungsmuster zu politischer Unzufriedenheit führen, da das Gefühl sozialer Benachteiligung durch eine politische Orientierung erst hervorgerufen werden kann. [Hinweis auf "Gruppendynamik durch Freundeskreis"]

Bezogen auf eine autoritätstheoretische Erklärung (Pfeiffer/Wetzels) wird die Verbindung autoritärer Erziehung einer autoritären Persönlichkeit (Adorno, Rommelspacher) zugeordnet. [Hinweis auf "familiäre Erziehung"]

Die organisationstheoretische Erklärung legt den Fokus auf die Stärke rechter Gruppierungen und den ihnen zugeschriebenen Kompetenzen. Die Bedeutung der Kompetenzzuschreibung an rechte Parteien für die Wahlabsicht konnten Klein/Falter empirisch nachweisen. [nahezu alle Antwortkategorien können unter dieser Erklärung gefasst werden, wenn man dem Parteiprogramm und Wahlsprüchen rechter Parteien Glauben schenkt]

Tatsächlich zeigten die Ergebnisse der Studie von Johann Bacher, dass Rechtsextreme Einstellungen erlernt werden und somit nicht beliebig änderbar sind. Es sind aber keinesfalls allein die Sozialisationserfahrungen in der Familie, die zum Erwerb rechtsextremer Einstellungen führen und deren Änderung bewirken können. Arbeitslosigkeit ist in diesem Sinn keine Ursache von rechtsextremen Einstellungen, kann aber rechtsextremes Denken auslösen oder verstärken. Voraussetzung dafür, dass Arbeitslosigkeit zum Auslösen oder zur Verstärkung ausländerfeindlicher Einstellungen führt, ist deren positive Verstärkung durch die soziale Umwelt.
Verstärkende Faktoren können die Stärke, der Organisationsgrad rechter Gruppierungen und Parteien und die diesen zugeschriebenen Kompetenzen, die Art und Weise der Medienberichterstattung, die fehlende soziale Kontrolle und allgemein die gesellschaftliche Akzeptanz des Rechtsextremismus sein.

Bezogen auf die Antwortkategorie "Angst vor Fremden" schreibt Johann Bacher, dass je "normaler" soziale Ausgrenzung von Fremden auf gesellschaftlicher Ebene betrachtet oder sogar befürwortet wird, desto wahrscheinlicher ist das Angebot von rechtsextremen Erklärungsmustern, die AusländerInnen und andere Fremde für Arbeitslosigkeit und andere soziale und ökonomische Probleme verantwortlich machen.

Bezüglich der auf organisationstheoretischer Erklärungsebene genannten Wahlabsicht auch im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit, existieren Untersuchungen zum der frühen 80er Jahre, welche einen starken Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und der Tendenz zur Wahlapathie darstellen. Extremistisches Wahlverhalten von Erwerbslosen war demgegenüber eine Randerscheinung (Rattinger).
Die Analyse der negativen politischen Folgen von Arbeitslosigkeit, wie politischer Apathie, politischer Entfremdung und autoritären Einstellungen traten in einer befragten Gruppe erwerbsloser Jugendlicher deutlich häufiger auf als in der Vergleichsgruppe beschäftigter Jugendlicher (Roth).
In einer Analyse der Ursachen von Fremdenfeindlichkeit kontrollieren Ganter/Esser dagegen den Einfluss wichtiger Drittvariablen und kommen zu dem Ergebnis, dass Arbeitslosigkeit negative Einstellungen gegenüber Ausländern nicht besonders begünstigt.
Auch andere Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass direkte Betroffenheit von Arbeitslosigkeit zumindest kein besonders hervorragender Erklärungsfaktor für rechtsextremistische, insbesondere ausländerfeindliche Einstellungen oder Verhaltensweisen ist (vgl. z.B. Pfahl-Traughber 1993).

Bei einer im Sommer 2009 durchgeführte Studie der Universität Leipzig konnte gezeigt werden, dass bereits die Sorge um den Arbeitsplatz zu Sympathien für die Rechtsextremisten führt.
Dass eine hohe Erwerbslosenquote die Existenzangst auch bei denen erhöht, die Arbeit haben, konnten Wissenschaftler der Universität Bonn, des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und der Universität Zürich bestätigt werden.


Rudolf Heß, der Märtyrer?
Von Sebastian Klauder - 08.01.2010

Das erste, was die Leute tun wenn ein unerwartetes Ereignis eintritt, ist, über Verschwörungstheorien nachzudenken...

Rudolf Heß..."der wollte den Frieden retten"...höre ich des Öfteren von Schülern. Der Wissensstand über die Ereignisse des 10. Mai 1941 endet leider oft genug bei genau dieser Aussage. "Rudolf Heß, der Friedensflieger". Die Motive für den Flug sind bis zum heutigen Tage nicht wirklich aufgeklärt, bieten also schon deshalb einen nährreichen Boden für Verschwörungstheorien und Geschichtsrevisionismus.

Allein die Haftzeit von Heß im ehemaligen Militärgefängnis Berlin-Spandau bietet der rechten Szene ausreichend Stoff, um aus dem Kriegsverbrecher Heß einen Märtyrer, schlimmer noch, ein leidvolles Opfer zu machen. Auch die zur kriminellen Vereinigung erklärt- und verbotene Musikgruppe Landser (heute Lunikoff-Verschwörung) singen am Anfang ihres Liedes über Rudolf Heß: "46 Jahre hinter Kerkermauern..." und sprechen damit auch die 21 Jahre an, die Heß als einziger noch inhaftierte Häftling in Spandau verbringen musste. Und wie auch das gesamte Spektrum der rechten Szene kommt auch Landser am Ende ihres Liedes zu dem Schluss, dass Rudolf Heß ermordet wurde, idealerweise vom britischen Geheimdienst SIS.

Heß, der bereits 1920 der NSDAP beitrat, wird 1933 zum Stellvertreter Hitlers ernannt. Ein schon immer recht eigenwilliger Mann, der mit seiner Paranoia oft am Rande des Wahnsinnsvegetierte unterschreibt 1935 das sog. "Blutschutzgesetz", ein Teilgesetz der "Nürnberger Rassengesetze", welches beispielsweise die Eheschließung zwischen Juden und Ariern verbot(Rassenschande). Aktiv an der Organisation der Judenverfolgung in Deutschland beteiligt, setzt er auch im besetzten Polen rassistische Sonderrechte durch. Sein politischer Einflusssinkt allerdings noch vor Kriegsbeginn.

Am 10. Mai 1941 fliegt er in einer Messerschmidt nach Schottland mit dem mutmaßlichen Motiv, mit Hilfe des Herzogs Douglas Hamilton in Friedensverhandlungen mit der britischen Regierung zu treten. Hier irrt sich Heß allerdings, als das er Hamilton für einen Hauptrepräsentanten einer Gruppe im Vereinigten Königreich hält, welche zu einemFriedensabkommen mit Nazideutschland bereit sei. Bestritten ist bis heute auch, ob Heßallein handelte oder Hitler zumindest von dem Vorhaben wusste. Die NS-Regierung stellte nach dem Flug von Heß seine Geisteskrankheit fest. Hitler hat nach Heß bis zu seinem Tod auch keinen Stellvertreter mehr ernannt.

Im sog. Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wird Heß 1946 wegen Verbrechen gegen den Frieden und der Planung eines Angriffskrieges für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt, abzusitzen im Alliiertengefängnis Spandau. Dort nimmt er sich am 17. August 1987 durch im Gartenpavillon des Gefängnisses in Spandau das Leben. Die rechte Szene leugnet seit Jahren diese Darstellung und versucht mit Theorien jeder Art zu belegen, dass Rudolf Heß allein körperlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich selbstdas Leben zu nehmen.

Für die extreme Rechte hat das Gedenken und Ehren von Heß seit Jahrzehnten Tradition. Vorzugsweise im bayrischen Wunsiedel, wo Heß beerdigt ist. Bei den seit 1988 stattfindenden Gedenkmärschen findet man beispielsweise auch den Vorsitzenden der mitunter bürgerlich-spielenden NPD, Udo Voigt, wieder, der 2007 den Vorschlag macht, "Rudolf Heß den Friedensnobelpreis zu verleihen". Auch wundert es nicht, dass zum Gedenkmarsch für Jürgen Rieger, ebenfalls in Wunsiedel, auf einem der Transparente zu lesen war "Wir gedenken dem Stellvertreter...".

Das Bild über Rudolf Heß, welches uns die rechte Szene seit Jahren zeichnet, reiht sich ein in viele andere NS-verherrlichenden Thesen. Auf dieselbe Art und Weise disqualifizieren sie sich aber auch selbst. Geschichtsrevisionismus in dieser Art ist das Lügen über die eigene Geschichte. Eine Lüge an sich selbst.


Flüchtlingsschicksale an den Küsten der Kanarischen Inseln
Von Frank Fritzsche - 20.04.2009

Seit Beginn des Jahres 2009 wurden insgesamt 1.458 Immigranten auf den 7 kanarischen Inseln offiziell erfasst und empfangen. Sie alle kamen in nicht hochseetauglichen Fischerbooten und kleinen Schiffen von der Westküste Afrikas herüber. Oftmals wich man dabei der nächstgelegenen nur 100 Kilometer entfernten Küstenlinie von Lanzarote aus, um möglichst unbemerkt auf anderen Inseln Fußfassen zu können.

Die ersten 71 Migranten erreichten am 2. Januar die Insel La Gomera, welche geografisch gesehen zu den am weitesten entfernten Inseln zählt. Ein weitaus tragischeres Schicksal ereilte die Insassen eines Flüchtlingsschiffes vom 15. Februar. Von den 32 so genannten "sin papeles" (ohne Papiere) starben beim übersetzen 25 Personen unweit entfernt von der Küste Lanzarotes. Unter ihnen befanden sich ein Mädchen und 3 Jungen zwischen 8 und 11 Jahren.

Ein weiteres Schiff zerschellte in der Morgendämmerung des 14. Februars an einem Felsen.
Im März erreichten wieder 383 Immigranten unbeschadet in 6 Fischerbooten Teneriffa und das weit entfernte El Hierro.

Für das Jahr 2006 vermeldete das Statistische Amt der Kanaren (ISTAC) 30.000 Flüchtlinge, die die verschiedenen Inseln erreichten. Ein Drittel der Abreisenden starb auf dem Weg zu dem südwestlichsten Mitgliedsstaates der EU. Wie hoch die Dunkelziffer ist weiß natürlich niemand.
Grenzsicherungsprogramme, allen voran FRONTEX, halfen bei der Reduzierung der Immigration auf die Islas Canarias. So kamen 2007 schon 20.000 Flüchtlinge weniger.

Die Meinungen zu Flüchtlingen sind auch gespalten. Einige äußern sich sehr abwertend. Bereits 2007 konnte man dazu aus der Presse deutliche Wortmeldungen aus der Bevölkerung vernehmen: "Flüchtlinge, Asylschwindler, Migranten, ist doch alles das Gleiche. Sie schleppen nur die Negerkrankheiten ein, Aids, Kriminalität…". Die Angst vor weiteren Flüchtlingen, die "gefüttert, eingekleidet, medizinisch versorgt und in Fünf-Sterne-Hotels untergebracht [werden]. Und obendrein […] noch einen kostenlosen Spanischkurs [erhalten]." ist präsent. Dabei leben gerade einmal 1.500 Migranten auf den Kanarischen Inseln, welche insgesamt eine Bevölkerungsdichte von knapp über 2 Millionen Menschen aufweisen.

Und auch die weltweite Finanzkrise wird Spuren beim Blick auf Menschenrechte und Mitgefühl hinterlassen. In Spanien legt sie sich wie ein dunkler Schatten über die sonnigen Inseln und sorgt für raue Zeiten. Die Strände und Hotelbetten von Fuerteventura sind bei weitem nicht ausgelastet. Aktuell konnte man in der kanarischen Zeitung El Día lesen, dass der Tourismussektor dieses Jahr wohl nur zu 55 % ausgelastet wird.
Von einem Unternehmer im Baugewerbe erfuhr ich, dass sein 70 Personen starkes Unternehmen sich auf seine 5 Familienmitglieder reduzierte. Kein Wunder, wenn aus Geldmangel ein allgemeiner Baustop auf den Kanaren stattgefunden hat.
Mischt man nun Ängste wie die eines ansässigen und wohlhabenden Rechtsanwaltes hinzu: "Zwei bis drei Millionen Afrikaner sind startbereit, und langfristig könnten es noch viel mehr werden, 50 Millionen vielleicht.", füttert man die Angst vor Kosten produzierenden und Arbeitsplatz raubenden Immigranten.
Versperrt werden dabei allerdings Wege für die Lösungsansätze der Flüchtlingsproblematik.

Rassismus oder Egoismus sind jedenfalls Einbahnstraßen.


60. Todestag von Mahatma Gandhi
Von Frank Fritzsche - 30.01.2008

"Gewaltloser Widerstand" sind die Schlagworte, welche unverkennbar mit Mohandas Karamchand Gandhi verbunden sind. Am heutigen Tage sollte man sich einen Moment Zeit nehmen, um diesem Menschen zu gedenken. Er wurde am 30. Januar 1948 für sein Lebenswerk, die Befreiung Indiens, erschossen.

Gandhis Einsatz als Menschenrechtler wurde nach seinem Jurastudium in England offenkundig. Er arbeitete als Rechtsanwalt in Südafrika als er den Rassismus gegenüber ethnischer Minderheiten durch Weiße erfuhr. Inder wurden als ungleich behandelt und waren verschiedensten Einschränkungen unterworfen. So war es ihm beispielsweise untersagt im Gerichtssaal einen Turban zu tragen.
Populär geworden ist das Beispiel seiner Bahnfahrt in Südafrika. Er wurde aus dem Zug geworfen, weil er der Aufforderung des Schaffners, in dem Gepäckwagen Platz zu nehmen, nicht nachkam und sich weigerte. Er besaß ein Ticket für die erste Klasse.
Geprägt durch diese Erfahrungen begann sich Gandhi für die Rechte der Inder in Südafrika einzusetzen.

1915 kehrte er nach Indien zurück und intensivierte dort sein Engagement. Er forderte nichts Geringeres als die Abreise der britischen Kolonialisten und mit ihr die Unabhängigkeit Indiens. Die Rettung der indischen Bevölkerung aus der Armut, eine Verbesserung der Bildung und gesundheitlichen Versorgung waren weitere Ziele seines Programms.

Um das große Ziel der Unabhängigkeit Indiens zu erreichen agierte Gandhi auf verschiedenen Ebenen. So hielt er beispielsweise seine Anhänger dazu an, keine englische, sondern indische Kleidung aus selbstgesponnenem Tuch zu tragen.
Große Aufmerksamkeit erzielte er durch zivilen Ungehorsam im Jahre 1930. Dem initiierten Salzmarsch zum arabischen Meer. Damit lehnten sich er und seine Anhänger entschieden gegen das britische Salzmonopol auf.

Gandhis Forderungen und Aktionen wurden mehrmals mit Haftstrafen geahndet. Insgesamt verbrachte er 8 Jahre im Gefängnis. Doch seine Bemühungen sollten nicht ohne Erfolg bleiben.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges und einer neuen Besetzung der britischen Regierung wurde am 3. Juni 1947 die Unabhängigkeit Indiens erklärt. Gandhi muss diese Entscheidung mit einem lachenden und auch weinenden Auge entgegen gesehen haben. Sein Einsatz galt einem geeinten Indien. Jedoch war Bestandteil der Unabhängigkeitserklärung eine Teilung Indiens in zwei getrennte Staaten. So existierte fortan Indien in Form eines muslimischen Pakistan und einem hinduistischen Indien.

Es folgte eine Zeit der Gewalt und Unruhen zwischen diesen beiden Glaubensgruppen. Gandhi konnte aber durch sein Fasten, was fast im Tod endete, einen vorübergehenden Frieden bewirken.
Extremistische Gruppen beider Lager richteten sich gegen Gandhi und seine Ambitionen eine Einheit zu bewirken. Als Ausweg kannten diese Gruppen nur blinde Gewalt. Auf dem Weg zu einer Kundgebung in Neu-Dehli wurde Mohandas Karamchand Gandhi von einem fanatisch-nationalistischen Hindu, welcher Mitglied im Nationalen Freiwilligen-Verband war, erschossen.

Der Mörder wurde für diese Tat zum Tode durch Erhängen verurteilt und am 15. November 1949 hingerichtet.


Biometrischer-Pass und Vorratsdatenspeicherung - auf dem Weg zum Überwachungsstaat?
Von Sebastian Klauder - 08.01.2008

Nach einem Gesetz, das CDU, CSU und SPD am 9. November 2007 gegen die Stimmen von FDP, Grüne und Linke beschlossen haben, soll seit dem 1. Januar 2008 nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonymisierungsdienste sollen verboten werden.

Mit Hilfe der über die gesamte Bevölkerung gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Kommunikation, auf persönliche Interessen und die Lebenssituation der Kommunizierenden werden möglich. Zugriff auf die Daten sollen Polizei, Staatsanwaltschaft, Nachrichtendienste und ausländische Staaten erhalten, die sich davon eine verbesserte Strafverfolgung versprechen. Derzeit durften Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten, Internetkennungen und Email-Verbindungsdaten nicht. Der Kunde kann verlangen, dass Abrechnungsdaten mit Rechnungsversand gelöscht werden. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden, was etwa für Journalisten und Beratungsstellen wichtig sein kann. All diese Mechanismen zum Schutz sensibler Kontakte und Aktivitäten würde eine Vorratsdatenspeicherung beseitigen.

Die Vorstellung, dass man mit mehr Überwachung mehr Sicherheit erhält, ist absolut illusorisch. Keine der momentan existenten und noch kommenden Sicherheitsmaßnahmen jedoch geht den Ursachen von Terrorismus und organisierter Kriminalität wirklich auf den Grund. Alle bis jetzt bestehenden Sicherheitsmaßnahmen dienen lediglich der Symptombekämpfung. Politiker leben ganz gut damit, dass sie geschürte Ängste symbolisch bekämpfen.

Auch die biometrischen Pässe enthalten wohl mehr negative als positive Folgen.

Das Risiko besteht neben der metergenauen Ortung per GPS auch darin, dass einen der Staat mit einem Biometrischen Pass sozusagen auf Reisen schickt. Das besuchte Länder eigene biometrischen Datenbanken anlegen, kann nicht entgegengewirkt werden, da unsere restriktive Datenschutzgesetzgebung eben in anderen Ländern nicht gilt. Dr. Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU Fraktion sagt dazu: "Wenn sie Bedenken haben, bei der Einreise in irgendwelche Staaten, dass sie sich nicht dem dortigen Grenzregime unterwerfen wollen, kann ich nur sagen, dann bleiben sie halt zu Hause".

Die Vorratsdatenspeicherung enthält ebenfalls das hohe Risiko des Irrtums. Die Hamburger Polizei zum Beispiel suchte 2003 mit einem falschen Fahndungsfoto nach einem Sparbuchdieb. Geliefert hatte das Bild eine Videoüberwachungskamera - und der Student Marco Koch kam unschuldig in Haft.

Vielen Menschen denken schon jetzt, dass wir bereits eh bei allem überwacht werden, warum dann also gegen Vorratsdatenspeicherung und biometrischen Pass protestieren? Das wir bei allem bereits überwacht werden ist falsch. Wenn die totale Überwachung schon Realität wäre, dann würde die Politik nicht immer wieder neue Gesetze auf den Weg bringen, um sie auszuweiten. Der internationalen Datenschutzorganisation Privacy International zufolge ist in Deutschland die Privatsphäre weltweit noch am besten geschützt und in den letzten Jahren am wenigsten eingeschränkt worden. Diesen Schutz müssen wir verteidigen und die in den letzten Jahren verloren gegangene Freiheit zurückerobern.

Bundespräsident Johannes Rau warnte 2004 zu Recht: "Untergangsszenarien sollen mithelfen, bestimmte Ziele durchzusetzen und dafür Mehrheiten zu gewinnen." Hermann Göring wusste: "Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land." Welche verdeckten Ziele verfolgen die Sicherheitsideologen? Wenn neue Sicherheitsgesetze auch nicht mehr Sicherheit bringen, so haben sie doch drei Wirkungen: Erstens sichern sie die Wiederwahl derjenigen, die Kriminelle mit Worten am gewaltigsten bekämpfen, zweitens bringen sie der Sicherheitsindustrie Geld ein, und drittens erweitern sie die Kontrolle der Regierung über die Bürger. In der öffentlichen Wahrnehmung steigt stets die Beliebtheit derjenigen, die eine tatsächliche oder vermeintliche Gefahr zu bekämpfen scheinen. Bei Naturkatastrophen lässt sich beobachten, dass die Beliebtheit der jeweiligen Amtsinhaber steigt, weil sie in der Krise Tatkraft und Kompetenz demonstrieren können. Auch wenn sich ein Land im Krieg befindet, scharrt sich die Bevölkerung regelmäßig hinter ihre Anführer. Die Sicherheitsideologie ist für einige Politiker also ein Mittel, um ihre Popularität und Wiederwahl abzusichern.

Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch der wirtschaftliche Aspekt. Der unbegrenzte Durst nach mehr Sicherheit ist längst zu einer Milliardenindustrie geworden. Mit biometrischen Ausweisen, Telekommunikations-Überwachungsanlagen, RFID-Etiketten und Data Mining Software lassen sich Gewinne in einer Größenordnung realisieren, die Weltkonzerne wie EADS oder Siemens anlocken. Das Beispiel EADS zeigt, das ehemalige Rüstungskonzerne zunehmend auf das Geschäftsfeld "Homeland Security" umsteigen. Während die Rüstung mit einem schlechten Image zu kämpfen hat und nach dem Ende des kalten Krieges an Bedeutung verliert, versprechen Sicherheitstechnologien potenziell unbegrenzte Gewinne. Westliche Konzerne haben auch keine Bedenken, ihre Überwachungsprodukte an Diktaturen und autoritäre Regimes auszuliefern und damit oppositionelle Demokraten in die Gefahr von Folter zu bringen. Eine andere Auswirkung der Sicherheitsideologie ist schwerer zu bemerken. Am deutlichsten zeigt sich in den Staaten Osteuropas und Asiens, wie politische Aktivisten und Demonstranten kurzerhand zu Terroristen erklärt und auf der Grundlage von Antiterrorgesetzen inhaftiert werden. Der Westen geht etwas subtiler vor und benutzt die Sicherheitsgesetze vor allem, um rechtmäßige Aktivitäten von Globalisierungsgegnern, Umweltaktivisten und politischen Parteien geheimdienstlich beobachten und polizeilich kontrollieren zu lassen. Für Betroffene kann dies Aus- und Einreiseverbote oder Verhöre zur Folge haben. Im sozialen Umfeld der Betroffenen können solche Maßnahmen zur Ausgrenzung und zu Vorverurteilungen führen, bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes und zur Existenzvernichtung.

Bei allen Überlegungen sollte bedacht werden, dass zunehmende Sicherheitsmaßnahmen nicht die Ursachen bekämpfen, was die Politik nach eigenen Angaben aber vorhat. Terroristische Anschläge beispielsweise präventiv zu begegnen und durch Maßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung im Vorfeld zu vereiteln.

Mit Maßnahmen wie diesen sind wir auf dem Besten Wege in den Überwachungsstaat.


Über den Aufstieg und Fall von ITS.
Von Frank Fritzsche, 24.11.2007

Im Januar 2007 ging ein Ruck durch das Europäische Parlament. Auf der einen Seite war der Beitritt der Länder Rumänien und Bulgarien zu verzeichnen. Andererseits war durch diese beiden Länder nun ausreichend Potenzial vorhanden, um die Gründung der rechtsextremen, antidemokratischen Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität" (ITS) wahr werden zu lassen. Nach 13 Jahren war es nun wieder gelungen, eine rechte EU-Volksvertretung zu gründen. Ihre Mitglieder stammten aus Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Rumänien und Bulgarien.
Die Ziele waren klar gesteckt: Kampf gegen die EU Verfassung, die Beibehaltung eines europäischen Staatenbundes sowie die gleichzeitige Verhinderung eines zentralistischen Bundesstaates.

Vorsitzender war Bruno Gollnisch. Er ist ein hochrangiges Mitglied der französischen Front National und fiel mit Äußerungen wie Antirassismus sei geistiges AIDS oder "Ich bestreite nicht die Existenz der Konzentrationslager, aber was die Anzahl der Toten betrifft, könnten Historiker darüber diskutieren. Was die Existenz der Gaskammern angeht, so müssen Historiker darüber entscheiden" auf.
Andere Abgeordnete wie das Vorstandsmitglied Philip Claeys aus der belgischen Partei Vlaams Belang, setzt sich gegen das Antidiskriminierungsgesetz ein und Ashley Mote, ehemaliges Mitglied der radikalliberalen United Kingdom Independence Party, wurde im September 2007 zu 9 Monaten Haft wegen Sozialbetrugs verurteilt.

Im gleichen Monat gab es ein Treffen zwischen führenden deutschen Rechtsextremisten und der ITS in Straßburg. Verabschiedet wurde die Erklärung Gemeinsam für ein Europa der Vaterländer mit der Verpflichtung gegenüber christlichen Werten und den Regeln des Rechtsstaates. Es gab Vermutungen, dass die ITS-Fraktion über ein Zusammenspiel mit deutschen Rechten bei der nächsten Europawahl im Jahr 2009 nachdachte.

Alle Bestrebungen der ITS fanden jedoch ein Ende in ihrer Auflösung. Grund dafür war die Austrittserklärung von 5 rumänischen Mitgliedern. Die italienische ITS-Abgeordnete Alessandra Mussolini, einer Enkelin des italienischen Diktators Benito Mussolini, beschuldigte Rumänen eines kriminellen Lebensstils und nahm damit Bezug auf den Anfang November verübten Mord eines Rumänen an einer italienischen Admiralsgattin.
Fraktionen im EU-Parlament müssen aus mindestens 20 Mitgliedern aus 6 Ländern bestehen. Durch den Austritt der rumänischen Abgeordneten wurde diese Auflage nicht mehr erfüllt und die Fraktion am 14.11.2007 aufgelöst.


In der Mitte der Gesellschaft!
Von Sebastian Klauder, 05.11.2007

Wir finden uns nach mehr als sechzig Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges in einem Land wieder, in dem Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft nicht nur angekommen, sondern schon fast fest verankert sind. Neonazis sind heute international vernetzt, produzieren, vertreiben und verteilen Tonträger über mehrere Länder hinweg. Sie horten Sprengstoff, sammeln Waffen und planen Anschläge. Während Parteien wie die NPD den Kampf auf politischer Ebene führen, sorgen Kameradschaften für den Kampf um die Straße. In Deutschland existiert ein besorgniserregendes Potential an rechtsextremen Einstellungen. Besonders Fremdenfeindlichkeit ist weit verbreitet und bietet Rechtsextremisten einen Anknüpfungspunkt für ihre Propaganda. Doch auch Kirchen- und Gewerkschaftsmitglieder, Anhänger demokratischer Parteien und somit Menschen aus der Mitte der Gesellschaft zeigen eine in der Öffentlichkeit als antisemitisch oder rechtsextrem eingeschätzte Einstellung. Das antisemitische sowie ausländer- und demokratiefeindliche Gesinnung sämtliche Schichten und Altersstufen der deutschen Bevölkerung durchziehen, zeigt eine 2006 erschienene Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Studie zeigte ebenfalls, dass die Bundesrepublik mit dem Erstarken des Rechtsextremismus nicht allein ist. Auch bei unseren Nachbarstaaten Polen, Frankreich, Österreich oder Belgien können nicht nur die rechtsextremen Parteien Wahlerfolge verbuchen, auch die Straftaten und der Organisationsgrad der rechtsextremen Szene nehmen kontinuierlich zu. Der Rechtsextremismus ist ein europäisches Phänomen.

Die Thüringer Neonazi-Szene gehört dabei zu einer der aktivsten im gesamten Bundesgebiet. Thüringen ist die Braune Mitte Deutschlands. Toralf Staud beschreibt es in seinem Buch "Moderne Nazis" als immer schneller zunehmende und mittlerweile fast flächendeckende "Faschisierung der ostdeutschen Provinz". Allein die Lage Thüringens ist für die rechte Szene attraktiv, aber auch die bereits bestehenden rechten Strukturen vor Ort. Die gute Vernetzung liegt dem zugrunde, dass führende JN- und NPD Kader eben auch Anführer lokaler Kameradschaften und/oder überregionaler Netzwerke sind. Hier muss der "Thüringer Heimatschutz (THS)" und das "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Westthüringen (NSAW)" genannt werden. Am 10. Oktober 2007 hat die NPD die Namen und Adressen von elf Personen veröffentlicht, die angeblich bei einem Überfall auf eine Nazi-Kneipe in Erfurt am 23. Juni 2007 beteiligt gewesen sein sollen. Offen ist, woher die NPD die Namen und Adressen hat. In vergangener Zeit wurde öfters vermutet, dass sich rechte Anwälte Ermittlungsakten beschaffen und aus diesen personenbezogene Daten an die Nazi-Szene weiterleiten.

Auf Indymedia.org wurde von zwei angeblichen Fällen aus Thüringen berichtet, in denen Nazis offensichtlich über Informationen aus Polizeiakten verfügten. Dem Bericht zufolge gibt es bei der Polizei inzwischen zahlreiche rechtsextreme Beamte. Auch in Sachsen wird vermutet, dass Nazis Zugang zu Polizeiakten haben könnten. Bei einer Razzia gegen eine Nazi-Gruppe fand die Polizei Listen von politischen Gegnern - inklusive Polizeifotos. Gemäß der Anti-Antifa Direktive, eine Organisation die Daten politischer Gegner sammelt und veröffentlicht, geht die NPD auch in Mecklenburg-Vorpommern vor. Öffentlich dazu aufzurufen, Fotos angeblicher Straftäter an die Partei zu übermitteln, zeigt die Strategie der Einschüchterung, wie sie von allen Neonazi Gruppierungen in unserem Land appliziert wird. Solche Verfahrensweisen zeigen auch, dass sich die NPD durch den Einfluss der jungen Nazis zunehmend radikalisiert.

Arbeitslosigkeit allein fördert keine rechte Einstellung, vielmehr tut dies die Erziehung im Elternhaus und Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung. Wie in vielen Problemfeldern gibt es auch hier kein Patentrezept, diesem gefährlichen Verlauf wirksam entgegenzutreten. Jedoch gibt es Möglichkeiten der Intervention. Um Alltagsrassismus zu begegnen und zu verhindern, ist das Engagement und die Einsatzbereitschaft jedes einzelnen Bürgers gefragt. Allein der Rechtsextremismus stellt nicht das volle Problem dar, vielmehr ist es eine labile demokratische Kultur, die bei einer Vielzahl von Menschen in unserem Land nicht fest verankert ist. Und eben dieses Defizit greifen rechtsextreme Organisationen auf und machen es sich zu nutze. Um die Stärkung der Demokratie wieder zu intensivieren ist es vordergründig notwendig, Debatten über den Erhalt der Demokratie und auch über die Globalisierung zu führen. Auch hier müssen wir unterschiedliche Meinungen akzeptieren und uns als Demokraten bewusst werden, dass es auf komplexe Fragen dieser Art meist keine einfach Antworten gibt.

Rechtsextremisten, allen voran die NPD, schaffen es mittlerweile Gesellschaftsmodelle der Moderne zu entwickeln, die eben diese einfachen Antworten gibt und zu allem Übel jegliches kritisches Hinterfragen und Nachdenken überflüssig macht. Unsere Bürgergesellschaft zu stärken, muss also im Vordergrund stehen. Denn dort finden die Diskussionen statt und dort wird Kritik geübt. Und auch dort finden Lösungsansätze statt, an denen die Bürgergesellschaft direkt mit eingebunden und beteiligt werden muss, denn für Menschen vor Ort spielt es eine große Rolle, dass Probleme merkbar ernst genommen werden. Auch Lokalpolitiker dürfen sich nicht der Verantwortung entziehen, auf Probleme der Bürger einzugehen. Denn sobald diese ignoriert werden, wird das Feld den Rechtsextremisten überlassen, die nur darauf warten, diese Themen zu besetzen und sich als Helfer des kleinen Mannes zu präsentieren.


Volksverhetzer bekämpfen
Ahnungslose informieren!

Von Sebastian Klauder, 22.10.2007

Mit Beginn der Diskussion über die Aussagen Eva Hermanns zur Familienpolitik und Werte der Nazis, rückt die eigentlich zu führende Diskussion leider weit in den Hintergrund.

Reichspropagandaminister Joseph Goebbels sagte: "Die Frau hat die Aufgabe, schön zu sein und die Kinder auf die Welt zu bringen". Als Eva Hermann am 6. September ihr Buch "Das Prinzip Arche Noah" präsentiert, sagte sie: "Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde" [...]

Hier finden wir das gesamtgesellschaftliche Problem der Nachkriegszeit - die fehlende Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Das sich Eva Hermanns Interpretation der Frau sich mit dem Bild Goebbels überschneidet ist nicht das verheerende. Jedoch wird bei der laufenden Diskussion, wie auch bei der geschichtlichen Aufarbeitung, Teile der Relation ausgelassen und/oder vergessen. Nationalsozialistische Familienpolitik lässt sich nicht von Rassenwahn separieren. Wer nach politischer Ansicht der Nazis keine reine Frau war, wurde bereits ab 1933 mit Zwangssterilisation und später dem KZ bestraft. Behinderte Kinder wurden ermordet. Frauen sollten vielmehr Kinder gebären und sonst nichts. Dies wurde mit Steuervergünstigungen und Auszeichnungen honoriert und gefördert.

Das sowohl in vielen Teilen der Gesellschaft vorherrschende Urteil und auch verbreitetes Argument in der modernen Neonazi-Szene, dass die Nationalsozialisten die Arbeitslosigkeit bekämpft hätten, ist ebenfalls keine realistische geschichtliche Darstellung. "Hitler hat ja die Autobahn gebaut". Hitler hat die Autobahn weder erfunden, noch hat er die erste gebaut.
Vielmehr hat er es geschafft, die Autobahn zu inszenieren. Die Pläne für die Strecke Hamburg-Basel, dessen Bauarbeiten Hitler 1933 eröffnete, hatte mit den Nazis ursprünglich nichts zu tun und existierten bereits Jahre vorher. Die Ursachen für den Rückgang der Arbeitslosigkeit liegen vielmehr in der ungeheuren Aufrüstung sowie am Ende der Weltwirtschaftskrise. Durch den Wegfall der

Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie der Wiedereinführung der Wehrpflicht ging die Arbeitslosenzahl, die bei Hitlers Machtergreifung 6 Millionen betrug, rapide nach unten. Zehntausende wurden im Flugzeugbau eingesetzt, die Automobilindustrie fertigte vorwiegend Militärfahrzeuge und bei Krupp wurden Panzer gebaut. Da dies in den Anfangsjahren getarnt verlaufen musste, wurde die Autobahn einfach als die große "Arbeitsschlacht" vermarktet.

Die schon fast mystische Auseinandersetzung mit der Geschichte des 3.Reiches liegt nicht nur daran, dass die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg einen fast fließenden Übergang zum Kalten Krieg erlebte. Was wir heute geschichtliche Aufarbeitung nennen, ist in Wirklichkeit jahrzehntelang Politik gewesen. Geschichte wurde von denen geschrieben, die sie für sich nutzen konnten.

Nach einer aktuellen Forsa Umfrage im Auftrag des stern bejahten 25 Prozent der Bundesbürger die Frage, ob der Nationalsozialismus auch gute Seiten gehabt habe. Die Umfrage zeigt ebenfalls, dass mit steigendem Alter auch die Zustimmung zunimmt. Heutige mythologische Anzeichen im Rechtsextremismus werden aus der Mitte der Gesellschaft heraus gebilligt und dadurch unterstützt. Die Umfrage zeigt, wie gespalten die Bundesrepublik zu diesem Thema ist. Die aktuelle Debatte über Aussagen Eva Hermanns stehen symbolisch für eine Entscheidungssituation in unserer Gesellschaft.

Debatten wie die über Eva Hermann sollten Prozesse in unseren Köpfen auslösen und darauf hinführen, Geschichte subjektiv zu verarbeiten und strikt von Mythologie zu trennen.